Gänsebraten mit Stoma?
Weihnachten ist ja bekanntlich geprägt von reichlich Essen, ganz egal ob zu Hause oder im Restaurant. Gerade das erste Weihnachten mit Stoma-Beutel war für mich etwas ganz Besonderes. Und das nicht mal aufgrund der Tatsache, dass ich eigentlich noch im Krankenhaus war und nur für die Feiertage nach Hause durfte, sondern weil ich gerade erst “über den Berg” war und den Kampf um mein Leben gewonnen hatte.
So profan es auch erscheinen mag, aber tatsächlich stellte sich danach die Frage, wie ich mit der alljährlichen Völlerei umgehen sollte: Was darf und kann ich denn nun eigentlich essen und wo sollte ich besser noch aufpassen?
Bei meinem Mann und mir ist es Tradition, dass wir Heiligabend eine leckere Ente mit Füllung essen, mit Klößen und Rotkohl. Und natürlich gibt es noch einen Nachtisch, der ist aber immer ganz unterschiedlich. Normalerweise koche ich immer gerne und frisch, doch dieses Mal hatte aber überhaupt keine Kraft dazu. Also stellte sich mein Mann in die Küche und gekocht – nach meinen Anweisungen, versteht sich… 😛
Für mich war das ziemlich spaßig, für meinen Mann eher eine Herausforderung…! Aber was macht man nicht alles für die liebe Frau…!? 😉 Den Rotkohl hatten wir von vornherein weggelassen, das wollte ich mir direkt nach der OP dann doch noch nicht antun. Aber die Ente und die Klöße waren erst recht nach den Wochen der Entbehrungen ein wahres Gedicht…! Da es auch während meines Krankenhaus-Aufenthaltes Geflügel und Kartoffeln gab, machte ich mir auch keine Sorgen, ob ich diesen Festtagsschmaus vertrage, was sich auch bewahrheitete. Auch die obligatorischen Süßigkeiten und Leckereien, die so typisch für Weihnachten sind, waren kein Problem.
Den ersten Heiligen Abend mit Stoma konnte ich also trotz allem richtig genießen, auch wenn natürlich noch nicht alles verheilt war und ich mit den üblichen postoperativen Problemen zu kämpfen hatte. So fühlte ich mich beispielsweise immer schlapp und müde, hatte generell kaum Kraft und brauchte über die Feiertage noch intensive Pflege. Auch mit der Versorgung war alles noch nicht so eingespielt. Immer wieder musste ich sie über Tag wechseln. Doch schon bald fand ich die für mich richtigen Beutel, die ich auch heute noch trage.
Da Weihnachten nicht nur aus einem Tag besteht und meine Patenkinder mich auch sehen wollten, kam die ganze Familie zu mir nach Hause – eben ganz so, wie es sich gehört…! So kurz nach der OP lag ich zwar fast nur auf dem Sofa, aber so ernst es kurz zuvor noch um mich stand, habe ich mir den Trubel genüsslich angeschaut und genossen, dass ich noch da war. Mit den Kindern spielte ich kleine Spiele, da musste ich mich ja nicht viel bewegen und wir hatten unseren Spaß. Die beiden Kleinen waren auch immer super vorsichtig mit mir und wollten ganz viel kuscheln. Zum Essen gab es an diesem 1. Weihnachtsfeiertag Raclette, sodass jeder das essen konnte, was er wollte und auch ich satt geworden bin, ohne etwas zu bereuen. Mais, Paprika und die zweite Scheibe Raclette-Käse habe ich damals noch weggelassen, heute esse ich das aber alles wieder. Und auch der kleine Schluck Rotwein bereitete mir keine Probleme.
Es waren ganz besinnliche, ruhige Weihnachten und Tage, die mir und meinem Mann niemals aus Kopf und Herzen gehen werden. Das erste Weihnachten mit Stoma-Beutel – eine tolle Erinnerung.
Bei jedem Essen, egal ob an Weihnachten, Silvester, Geburtstag oder Valentinstag, gilt: Das richtige Kauen ist immer noch das Wichtigste als Stoma-Träger. Jeder sollte ausprobieren, was er gut verträgt und was nicht, immer in kleinen Portionen, damit man nicht zu große Probleme bekommt, falls es dann mal doch nicht ganz das richtige Essen war… 😉
Genießt Weihnachten in vollen Zügen und lasst euch auch mit dem Essen so richtig verwöhnen! Ich wünsche euch allen eine besinnliche Weihnachtszeit und einen guten Rutsch ins Jahr 2019! Feiert das Leben auch mit einem Beutel am Bauch!
Eure Melanie
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